Ein Glas Glühwein nach der Arbeit, Keksduft im Büro, Grußkarten auf dem Schreibtisch: Der Advent macht sich in vielen Betrieben bemerkbar. Höhepunkt der „stillen Zeit“ ist die Weihnachtsfeier, die, so sind sich ExpertInnen einig, Fixstern einer guten Unternehmenskultur ist. Das alte Klischee von alkoholbedingten, unangebrachten Intimitäten und peinlichen Ausuferungen widerlegt eine Studie des Instituts für Personalpolitik der Karl-Franzens-Universität Graz: Demnach fördern Weihnachtsfeiern nicht nur die Beziehung zwischen Unternehmen und MitarbeiterInnen. Auch zwischenmenschlich tragen sie zu einem besseren Verständnis füreinander bei – sofern bei der Planung einige entscheidende Punkte beachtet werden.
Univ.-Prof. Dr. Renate Ortlieb, Leiterin des Forschungsprojekts, in dessen Rahmen eine repräsentative Befragung von ArbeitnehmerInnen durchgeführt wurde, erklärt: „Alle betrieblichen Feiern sind voller Symbole. Nicht nur die Tatsache, dass gefeiert wird, sagt etwas über das Unternehmen aus – auch wie das Fest begangen wird, zeichnet ein Bild von der Organisation, den MitarbeiterInnen und deren Zusammenwirken.“ Die Studie ist die erste, die sich systematisch mit der Frage auseinandersetzt, in welchem Rahmen Weihnachtsfeiern stattfinden und wie sie bei den Teilnehmenden ankommen.
Die Ergebnisse sind eindeutig: Am liebsten feiern Österreichs Betriebe abends im Gasthaus in lockerer Atmosphäre, ein vielfältiges Angebot von Speisen und Getränken ist dabei gern gesehen. Eine Rede ist auf fast allen Festen Pflicht und wird mehrheitlich als passend und angemessen empfunden. Besinnlichkeit ist dafür kein Thema, unterstreicht Ortlieb: „Die Stimmung wird meistens als ausgelassen und fröhlich bezeichnet. Das alte Klischee der niederen Hemmschwelle hat sich in unserer Studie aber nicht bestätigt.“ Allgemein wird an Weihnachtsfeiern die Gelegenheit geschätzt, mit KollegInnen und Vorgesetzen über Themen abseits der Arbeit zu sprechen und kleine Geschenke mit symbolischem Wert auszutauschen.
Gerade diese Zeichen der Wertschätzung können aber zum Stolperstein werden, warnt Ortlieb: „Wir raten UnternehmensleiterInnen, besonders auf die mit Geschenken und der Feier an sich verbundene Symbolik zu achten. Oft werden hier stereotype Muster von ‚Männlichkeit‘ oder ‚Weiblichkeit‘ zementiert. Das kann für einzelne Personen ein falsches Signal sein und die allgemeine Produktivität beeinträchtigen.“
Des Weiteren müsse das individuelle Bedürfnis nach Distanz auch in dieser „Ausnahmesituation“ respektiert werden: „Wer bei bestimmten Aktionen nicht mitmachen möchte, wird allzu schnell als SpielverderberIn abgestempelt.“ Die Forscherin empfiehlt deshalb, die personelle Vielfalt, die Betriebe auch unter dem Jahr bereichert, bei Weihnachtsfeiern zu akzeptieren und mit geschärftem Blick an die Planung heranzugehen, damit das Fest zum gelungenen Jahresabschluss wird.
Renate Ortlieb forscht im Rahmen des universitätsweiten Schwerpunkts „Heterogenität und Kohäsion“.